Der „Asterix“ Rosé mit Meeresblick.
„Ganz Gallien ist von farb- und gesichtslosen Rosés überschwemmt worden… ganz Gallien? Nein! Ein von unbeugsamen Nord-Katalanen bevölkertes Dorf namens Banyuls-sur-Mer hört nicht auf, den Eindringlingen Widerstand zu leisten und produziert Rosés der etwas anderen Art“.
Zum Beispiel den „Cote Mer“ Collioure Rosé 2023 der Domaine de la Rectorie!
Zunächst fällt seine dunkle Farbe ins Auge. Die ist zwar lachsfarben, erinnert aber eher an Lachse in der Paarungszeit. Wie die Tropfen aus der Provence, wird auch der Cote Mer mit Hilfe der Direktpressung erzeugt. Nur ist hier, dank der verwendeten, pigmentreichen Rebsorten Syrah und Carignan (plus Grénache), die Farbausbeute höher. Der Cote Mer ist also, trotz der dunklen Tönung, ein waschechter Rosé.
Sieben Monate reift dieser Collioure Rosé in gebrauchten Barriques, was ihm seine griffig-schmelzige Struktur verleiht (wir wollen ja immer noch Wein trinken und kein pinkfarbenes Wasser).
Am Gaumen gibt es Zitrusfrüchte, Erd- und Himbeeren und eine maritime Salz-Brise zu entdecken. Der Cote Mer ist also auch in geschmacklicher Hinsicht ein waschechter Rosé, bloß mit mehr Kick.
Als Food Pairing drängt sich ein Salade Catalane (am besten mit Anchovis aus Collioure) geradezu auf ;-)
Mein Fazit: Ich mag Rosés mit Charakter, die aber trotzdem knackig und erfrischend sind. Der „Cote Mer“ Collioure Rosé 2023 der Domaine de la Rectorie ist so einer - Santé!
Chardonnay ist ein Chamäleon
Chardonnay ist ein Chamäleon: Von buttrig-fett bis salzig-knackig ist alles drin. Chardonnay bildet nicht nur perfekt das Terroir ab auf dem er wächst, sondern muss sich häufig auch Weinmoden und dem Willen „ambitionierter“ Winzer*innen unterwerfen.
Hanspeter Ziereisen will seinen Weinen allerdings nichts aufzwingen - Sie werden spontan vergoren, verbringen etwas mehr Zeit auf der Maische und werden nicht filtriert oder geschönt.
Für mich zeigt der HA (früher hieß er „Hard“), was Chardonnay eigentlich sein kann. Er ist dicht aber nicht ölig und verzichtet auf vordergründig trendige Noten von „abgebranntem Streichholz“ in der Nase oder Sahne am Gaumen. Stattdessen baden die Sinne förmlich in gelben Früchten (Birne, Quitte) und obendrauf gibt es eine animierende und erfrischende Salzigkeit. Übrigens kann man, Willenskraft vorausgesetzt, den Wein auch 10-15 Jahre in den Keller legen.
Komme ich ohne Burgund Vergleiche aus?
Ich sag’s mal so: Man muss schon suchen, um einen Bourgogne Chardonnay in dieser Qualität und zu diesem Preis zu finden!
In Tuff gemeißelt
Als Mittelalter-Nerd hat mich natürlich gleich die Geschichte über die Herstellung dieses Weins begeistert: Der Most fermentiert nämlich in einem Behältnis, das im 15. Jahrhundert in das Tuffgestein unter der Domaine gehauen wurde!
Dieser Chinon der Domaine de la Noblaie ist eine Masterclass in Sachen Cabernet Franc. Man muss dieser Rebsorte die gebührende Aufmerksamkeit schenken, sonst schmecken die Weine spassbefreit und kantig, zum Beispiel nach unreifer grüner Paprika. Yummy, nicht.
Winzer Jérome Billard hat es aber drauf, einerseits die kühle Stilistik der Sorte zu bewahren und ihr andererseits eine finessenreiche Fülle zu entlocken. Vielleicht liegt es neben dem Tuffbecken auch an den 70-jährigen Reben, qui sait?
Der „Pierre de Tuf“ begeistert mich mit seiner Cab Franc typischen Kräuterwürzigkeit, den Noten von Süßholz und der tiefen Waldbeerenfrucht.
Santé!
Mein momentaner Lieblingswein?
Diese Frage ist angesichts tausender verschiedener Weine im Handel und den circa zweitausend Weinen, die wir im Weinhaus anbieten, nicht gerade leicht zu beantworten. Aber nichts ist unmöglich.
Ich bin vor ein paar Wochen aus dem Frankreich Urlaub zurückgekehrt und habe dort meine alte Liebe neu entfacht: Syrah von der nördlichen Rhône. Hier zwischen Ampuis und Cornas hat diese Sorte seit wahrscheinlich zweitausend Jahren ihre Heimat und von hier kommen auch die besten Exemplare. Dazu gehört der Saint-Joseph „Pierres Séches“ („getrocknete Steine“) von den Caves Yves Cuilleron.
Die Appellation Saint-Joseph verdankt ihren Namen nicht einem Dorf, sondern einem alten Weinberg, der sich ursprünglich von der Stadt Tournon bis zum Dörfchen Mauves erstreckt hat. Aber ich schweife ab…
Welche Trümpfe hat dieser Wein im Ärmel? Für mich jede Menge. Ich mag keine fetten Alkohol- und Extraktbomben. Der Saint-Joseph hat Kraft auch ohne Anabolika im Bizeps! Beim Öffnen der Flasche erwischt mich ein leicht stallmäßiger „Duft“, der kurioserweise animierend wirkt und nach und nach verfliegt. In der Nase dann ein brombeeriges und würziges Aroma, in dem aber auch Veilchen ihren Platz haben.
Der erste Schluck - Pfeffer, blutiges Fleisch, Cassis und wieder dunkle Beeren. Herrlich.
Und jetzt tapfer sein: Eine präsente Säure hält hier alles zusammen! In Anlehnung an meine Kollegin Dagmar: Säure und Wein, das muss sein.
Jetzt fehlt nur noch ein von unserem Kollegen und Meisterkoch Christoph zubereitetes Wildschweinragout.
Santé!
Stephan Scheuss